Wenn du dich schon mal durch das Internet gegoogelt hast, weil du selbstständig als Coach, Trainer:in oder Berater:in arbeiten möchtest, kennst du das wahrscheinlich: Du findest hunderte verschiedene Berufsbezeichnungen, von Mentaltrainer:in über Lerncoach bis hin zu Jugendberater:in. Sprichst du dann noch mit Kolleg:innen, bekommst du genauso viele unterschiedliche Meinungen, was erlaubt ist, was du brauchst oder wie du dich nennen darfst.
Und irgendwann fragst du dich vielleicht:
- Welches Gewerbe muss ich anmelden?
- Welche Ausbildung brauche ich wofür?
- Wann darf ich mich Berater:in, Trainer:in, Coach nennen?
- Was darf ich eigentlich auf meine Website schreiben, ohne in eine rechtliche Grauzone zu geraten?
Maximale Verwirrung – aber keine Sorge: Unser Artikel bringt Licht ins Dunkel. Wir zeigen dir:
- welche Begriffe wie einzuordnen sind,
- wann du welchen Gewerbeschein brauchst,
- was du als neue:r Selbstständige:r darfst,
- und wo du unbedingt aufpassen solltest.
Wichtiger Hinweis:
Wir sind keine Juristen oder Rechtsanwälte, daher ist dieser Blogartikel KEINE Rechtsberatung und ersetzt diese auch nicht!
Inhalt
- Vier Wege in die Selbstständigkeit
- Reglementiertes Gewerbe
- Freies Gewerbe
- Neue Selbstständige
- Freie Berufe (gesetzlich geregelt)
- Und jetzt: Was gilt für die einzelnen Berufe?
- Lebens- und Sozialberater:in (LSB)
- Coach (z. B. Berufscoach, Karrierecoach, Life Coach, Kindercoach, Jugendcoach)
- Trainer:in
- Elternberater:in, Elterntrainer:in, Elterncoach
- Mentaltrainer:in, Mentalcoach
- Zusammenfassend ist wichtig zu wissen
1. Vier Wege in die Selbstständigkeit
Grundsätzlich gibt es in Österreich vier Formen, wie du selbstständig arbeiten kannst – je nachdem, wie deine Tätigkeit rechtlich eingestuft wird.
Reglementiertes Gewerbe
- Du brauchst einen Gewerbeschein
- Du bist Mitglied der Wirtschaftskammer (WKO)
- Du bist bei der SVS pflichtversichert (wenn keine Ausnahme vorliegt)
- Du brauchst einen Befähigungsnachweis
Typische Berufe: psychosoziale:r Berater:in, Unternehmensberater:in, Mediator:in, Ernährungsberater:in
Hier findest du eine Lister der reglementierten Gewerbe in Österreich.
Was du für das Gewerbe als LSB/psychosoziale:r Berater:in erfüllen musst, kannst du hier nachlesen.
Freies Gewerbe
- Du brauchst einen Gewerbeschein, aber keinen Befähigungsnachweis
- Du bist Mitglied der WKO
- Du bist bei der SVS pflichtversichert (wenn keine Ausnahme vorliegt)
Typische Berufe: PR-Berater:in, Eventmanager:in, Webdesigner:in, Trainer:in für Lerntechniken, Humanenergetiker:in
📝 Achtung: Auch wenn „Beratung“ im Titel vorkommt (z. B. „PR-Beratung“), darfst du nicht in Tätigkeiten eingreifen, die reglementierten Gewerben wie LSB oder UB vorbehalten sind.
Neue Selbstständige
- Kein Gewerbeschein, aber trotzdem selbstständig
- Keine WKO-Mitgliedschaft
- Du musst dich bei der SVS anmelden, sobald du über eine Einkommensgrenze kommst
Typische Tätigkeiten: Vortragende, Trainer:innen (wenn sie ausschließlich unterrichten), Mentaltrainer:innen (keine individuelle Beratung!), Künstler:innen, Texter:innen, Übersetzer:innen (in manchen Fällen)
Freie Berufe (gesetzlich geregelt)
- Kein Gewerbeschein
- Keine WKO-Mitgliedschaft
- Geregelt durch eigene Berufsgesetze
- Du brauchst eine staatlich anerkannte Ausbildung & Zulassung
Typische Berufe: Psychotherapeut:in, Klinische:r und Gesundheitspsycholog:in, Ärzt:in, Notar:in, Ziviltechniker:in, Hebamme
2. Und jetzt: Was gilt für die einzelnen Berufe?
Hier kommen die häufigsten Berufsbilder in der Psychosozialen Branche – was du brauchst, was du darfst und worauf du achten musst:
Lebens- und Sozialberater:in (LSB)
Du arbeitest professionell mit Einzelpersonen, Paaren, Familien oder Gruppen an Themen wie Beziehung, Kommunikation, Persönlichkeitsentwicklung, Krisen, Konflikten oder Veränderungsprozessen.
Du arbeitest ressourcen- und lösungsorientiert, aber nicht heilkundlich. Coaching & Supervision sind im Rahmen der LSB erlaubt, sofern sie sich auf persönliche, soziale oder berufliche Lebensthemen beziehen.
Wichtig:
- Für die Ausübung des reglementierten Gewerbes LSB benötigst du einen Gewerbeschein und einen Befähigungsnachweis.
- Die Tätigkeit ist klar abgegrenzt von Psychotherapie und medizinischer Beratung.
Näheres zu Gewerbeanmeldung als LSB kannst du in diesem Blogartikel nachlesen.
Coach (z. B. Berufscoach, Karrierecoach, Life Coach, Kindercoach, Jugendcoach)
„Coach“ darf sich jede:r nennen – egal, ob du eine Coachingausbildung hast oder nicht.
In der Realität arbeiten viele Lerncoaches, Karrierecoaches, Elterncoaches etc. beratend, individuell und zielorientiert. Also genau das, was laut Gewerberecht eigentlich eine gewerbepflichtige Beratungstätigkeit ist.
Trotzdem sind nicht alle Coaches auch LSB. Viele melden ein passendes freies oder reglementiertes Gewerbe (Unternehmensberatung, Lernberatung) an oder arbeiten als neue:r Selbstständige:r.
Während der Begriff „Beratung“ mit reglementierten Gewerben assoziiert wird, ist es möglich, Tätigkeiten wie „Lernberatung“ oder „Training in Lerntechniken“ als freies Gewerbe auszuüben, sofern der Tätigkeitsumfang klar definiert und abgegrenzt ist, um nicht in den Bereich der reglementierten Beratung zu fallen. Es ist jedoch ratsam, bei der Formulierung der Gewerbeanmeldung sorgfältig vorzugehen und sich gegebenenfalls rechtlich beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass keine Überschneidungen mit reglementierten Gewerben bestehen.
Wenn du als Coach ein festes Schulungskonzept verwendest, z. B.: „10 Module für besseres Lernen“ oder „10 Karrierecoaching-Schritte“ kannst du deine Arbeit als Training oder Vortragen einstufen. Dein Angebot fällt dadurch unter neue Selbstständigkeit und du benötigst keinen Gewerbeschein.
Wichtig:
- „Coach“ darfst du dich immer nennen – aber wenn du individuell coachst, brauchst du in vielen Fällen ein passendes Gewerbe, sonst arbeitest du in einer rechtlich heiklen Grauzone.
- Coachingausbildungen sind, im Unterschied zur LSB-Ausbildung, nicht gesetzlich geregelt. Sieh dir also vorher sehr genau an, wo du eine mögliche Ausbildung machst und ob sie deinen Qualitätsansprüchen auch entspricht.
Trainer:in
Als Trainer:in vermittelst du Inhalte in Seminaren, Workshops oder Kursen – z. B. Kommunikation, Bewerbung, Präsentation. Als Trainer:in brauchst du keinen Gewerbeschein, du fällst unter die Katgorie „neue:r Selbstständige:r“.
Doch Achtung, auch wenn für Training kein Gewerbeschein nötig ist, schützt dich der Begriff „Training“ nicht automatisch vor der Gewerbeordnung! Denn das Gewerberecht in Österreich urteilt nicht nach Begriffen sondern nach dem tatsächlichen Tun: der Titel ist egal – der Inhalt zählt.
Sobald du
- psychosoziale Inhalte behandelst (z. B. Eltern-Kind-Beziehung, Emotionen, Rollen, Verhaltensmuster),
- oder pädagogisch-psychologisch arbeitest (z. B. mit Lernblockaden, Motivation, Selbstwert)
bist du inhaltlich bei der Lebens- und Sozialberatung (LSB) oder der Psychotherapie. Auch wenn du es „Training“ nennst, machst du inhaltlich trotzdem Beratung – und dafür brauchst du die jeweilige Berechtigung.
Wichtig:
- Du kannst dich z.B. „Lerntrainer:in“ oder „Resilienztrainer:in“ nennen, solange du „nur“ Methoden oder Lerntechniken erklärst.
- Willst du mit einzelnen Menschen individuell an Blockaden, Emotionen, Strategien arbeiten, fällt es in das reglementierte Gewerbe der LSB oder der Psychotherapie.
- Du kannst mit mit der Bezeichnung „Trainer:in“ nur dann individuell arbeiten, wenn du wirklich bei allgemeinen, methodischen Inhalten bleibst. (z.B. ein vorab definiertes Trainingskonzept, welches nicht in die persönliche oder emotionale Tiefe geht)
Elternberater:in, Elterntrainer:in, Elterncoach
Du unterstützt Eltern bei Erziehungsfragen, Familienleben, Kommunikation mit Kindern.
Solange du allgemeine Informationen in Form von Vorträgen gibst, arbeitest du im Rahmen der neuen Selbstständigkeit, bei Individueller Fallarbeit ist ein Gewerbe mit Befähigungsnachweis nötig (LSB) oder du arbeitest als Psychotherapeut:in bzw Psycholog:in.
Mentaltrainer:in, Mentalcoach
Auch diese Begriffe sind nicht geschützt! Wie weiter oben schon beschreiben, darf sich jede:r in Österreich so nennen.
Die Unterscheidung bleibt aber immer die gleiche: wenn du allgemeine Übungen, Entspannungstechniken oder Motivationsmethoden anbietest, fällst du unter neue Selbstständigkeit oder ein freies Gewerbe.
Sobald du beratend auf individuelle Themen eingehst, fällst du unter ein Gewerbe mit Befähigungsnachweis (LSB) oder du arbeitest als Psychotherapeut:in bzw Psycholog:in.
3. Zusammenfassend ist wichtig zu wissen
- Es kommt nicht auf den Titel an, den du verwendest, sondern darauf, was du inhaltlich tust.
- „Coach“, „Trainer:in“, „Mentor:in“ sind keine geschützten Begriffe und auch Ausbildungen mit diesem Titel und deren Inhalte sind nicht gesetzlich geregelt.
- Die Grenze zwischen Unterricht, Training und Beratung ist fließend. Sobald du individuell analysierst, begleitest oder an Persönlichkeitsanteilen arbeitest, brauchst du ein Gewerbe mit Befähigungsnachweis (LSB) oder du arbeitest als Psychotherapeut:in bzw Psycholog:in!
Wenn du dir immer noch unsicher bist, wo deine Tätigkeit genau hinein fällt: Sprich mit der WKO, deiner Ausbildungsstelle oder eine:r Supervisor:in (z. B. uns von Wissen mit Herz 😉).
Gern helfen wir dir auch in einer Einzelsupervision oder im Rahmen der HerzWerkstatt, deine Rolle und berufliche Ausrichtung klar und rechtlich sauber aufzustellen.
Quellen & weiterführende Links
- Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (o. J.).
Bundeseinheitliche Liste der freien Gewerbe.
https://www.bmaw.gv.at/Services/Publikationen/Bundeseinheitliche-Liste-der-freien-Gewerbe.html - USP.gv.at (o. J.).
Neue Selbstständige – Anmeldung bei der Sozialversicherung.
https://www.usp.gv.at/themen/mitarbeiter-und-gesundheit/einstellung-mitarbeiter-und-arten-der-beschaeftigung/weitere-informationen-einstellen-von-personal/neue-selbststaendige.html - Wirtschaftskammer Österreich (WKO) (o. J.).
Tätigkeiten ohne Gewerbeberechtigung – Häufig gestellte Fragen (FAQ).
https://www.wko.at/gruendung/taetigkeiten-ohne-gewerbeberechtigung-faq - Bundeskanzleramt (o. J.).
Unternehmensberatungs-Verordnung – Gesamte Rechtsvorschrift.
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20002509 - Wirtschaftskammer Österreich (WKO) (o. J.).
Lebens- und Sozialberatung – Abgrenzung zu anderen Berufen.
https://www.wko.at/oe/gewerbe-handwerk/personenberatung-betreuung/start?utm_source=chatgpt.com